Georgien – Zwischen Hammer und Amboss

Der georgische Aussenminister fordert mehr Aufmerksamkeit der EU und ihrer westlichen Partner. Trotz Assoziationsabkommen mit Brüssel und Visafreiheit für Georgier fühlt sich das kleine Land am Schwarzmeer auf sich gestellt. Laut dem georgischen Politikprofessor Kornely Kakatschia unterschätzt die EU den Einfluss Russlands auf die Schwarzmeerregion.

Noch kurz vor dem Zerfall der Sowjetunion erklärte sich Georgien unabhängig. Zu Beginn hatte das Land mit Armut, Korruption, regelmässigen Wahlfälschungen und abtrünnigen Landesteilen, wie Südossetien, Abchasien und Adscharien zu kämpfen. Dies führte 2003 zur Rosenrevolution, einer Reihe von friedlichen Protesten. Der Name bezog sich auf das Zitat des ersten georgischen Präsidenten: «Wir werden Rosen statt Kugeln auf unsere Feinde werfen.» Die Opposition erreichte den Rücktritt des damaligen Präsidenten.

Der neuen Regierung unter Micheil Saakaschwili gelang es die Alltagskorruption zu stoppen und Adscharien mit Georgien wiederzuvereinen. Trotzdem war auch er in einige Skandale verwickelt, welche seine Glaubwürdigkeit schwächten. Seit 2013 ermittelte die georgische Generalstaatsanwaltschaft gegen Saakaschwili wegen Verwendung von öffentlichen Gelder oder Niederschlagung von Demonstrationen. Zusätzlich verurteilte ein georgisches Gericht ihn zu sechs und nochmal drei Jahren Haft. Heute lebt Saakaschwili in der Ukraine nachdem er sich kurzzeitig in den USA, Niederlande und Polen niederliess.

Zu den innenpolitischen Schwierigkeiten kamen auch aussenpolitische Konflikte hauptsächlich mit Russland dazu. 2008 eskalierte der Südossetien-Konflikt mit Russland und es kam zum Kaukasuskrieg. Es kämpften georgische gegen südossetische, abchasische und später russische Truppen. Der Kaukasuskrieg endete nach einigen Monaten wieder. Der Konflikt wurde jedoch nie gelöst und ist bis heute ein Streitpunkt der beiden Länder. Die Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens wurden nur von Russland, Nicaragua, Venezuela, Nauru und Syrien anerkannt.

Der Aussenminister Georgiens David Salkaliani warnt vor dem zunehmenden Einfluss durch Moskau in der Schwarzmeerregion, vor allem auf die wichtigen Verkehrs- und Handelsrouten für Energieträger. Ausserdem begründen die Konflikte um Gebiete in Georgiens Nachbarländern diese Beunruhigung. Zuvor verfassten die Aussenminister der betroffenen Länder Ukraine, Moldawien und Georgien einen gemeinsamen Brief an die EU-Kommission, in dem sie ihre Befürchtungen, in Vergessenheit zu geraten, mitteilten.

Eine der Konfliktgebieten ist Transnistrien oder auch Pridnestrowje genannt, die 1991 ihre Unabhängigkeit von Moldawien erklärte. Heute sind 1200 bis 1400 russische Soldaten in diesem Gebiet stationiert. Eine weitere Region ist die Ostukraine. Seit 2014 unterstützt Russland die dortigen Milizen. Moskau bestreitet die Vorwürfe mit eigenen Truppen in der Ostukraine beteiligt zu sein. Weiter annektierte Russland im selben Jahr die Halbinsel Krim. Nach der Annexion modernisierte Russland seine Schwarzmeerflotte und führte im Januar 2020 diverse Flottenmanöver durch.

Kartendaten © 2020 GeoBasis-DE/BKG (©2009), Google, Inst.Geogr. Nacional Mapa GISrael, ORION-ME

Mit Rumänien, Bulgarien und der Türkei liegen drei NATO-Mitgliedsstaaten und mit Georgien und der Ukraine zwei NATO-Partnerländer am Schwarzen Meer. Für Russland gilt die NATO als militärische Gefahr.

Auch im Cyberspace ist Georgien angreifbar. Die Websites der georgischen Regierung sind laut Cyber-Experten schlecht geschützt. Der russische Militärgeheimdienst GRU wurde von den USA und Grossbritannien beschuldigt die Cyberangriffe auf Georgien im Oktober 2019 begangen zu haben.  Auch die EU-Mitgliedsstaaten verurteilten das «destabilisierende Verhalten» von Moskau. Das russische Aussenministerium weisste jedoch die Anschuldigungen zurück und sprach von einer Propaganda-Kampagne der anderen Länder. Es wurden etwa 2000 georgische Websites lahmgelegt, darunter die des nationalen Fernsehsenders.

Mit der bevorstehenden Verfassungsänderung in Russland hat Putin die Möglichkeit bis 2036 weiter zu regieren. Damit sind die Hoffnungen auf Entspannung in der Region gesunken. Es wird sich zeigen in welche Richtung sich die Situation in der Schwarzmeerregion entwickelt.

Quellenangaben:

‘Aufhänger’ NZZ-Artikel

DerStandart-Artikel: Cyberangriff

Wikipedia: Georgien

Wikipedia: Kaukasuskrieg 2008

Tagesanzeiger-Artikel: Verfassungsänderung

4 Antworten auf „Georgien – Zwischen Hammer und Amboss“

  1. Sehr interessanter und informativer Beitrag! Mir hat es geholfen die komplexen Abläufe welche Georgiens Regierung durchläuft sowie die aktuelle Situation mit den umliegenden Staaten besser zu verstehen. Erschüttert und alarmiert hat mich die Tatsache, dass gewisse Länder und Regierungen immer wieder mit ungerechten Handlungen durchkommen und die Kleinen immer wieder auf der Strecke bleiben. Das muss sich ändern!

  2. Informativer Text! Ja echt schade hält diese Demokrati noch länger an. Das sollte endlich aufhören. Das ist echt scheisse, kleinere Staaten können sich gegen grössere nicht wehren. Das muss stoppen.

    1. Ah ich meine eigentlich Diktatur und nicht Demokratie (habe nicht aufgepasst) in die sich Russland begibt. Da Putin sich seinen Sitz als Präsident sichern konnte. Ich hoffe für alle, die unter dieser Herrschaft leiden, dass er nicht mehr lange Präsident bleiben wird. So kann sich die Lage verbessern.

  3. Sehr interessant, mir war gar nicht bewusst das es in Georgien selber Konflikte gibt. Von den Teils anerkannten Staaten wie Abchasien und Südssetien habe ich bisher noch nichts gehört.
    Mich nimmt wunder wie dies Konflikte des weiteren verlaufen werden. Ob Russland weiter druck ausüben kann ohne eingriff der Nato oder sonst jemandem.

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