Europa hat Angst vor einer Wiederholung der Flüchtlingskrise

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Die EU-Grenzschutzagentur Frontex hat die Alarmstufe auf hoch gesetzt als Reaktion zum hohen Zustrom an Flüchtlinge an der Grenze zwischen Türkei und Griechenland. Wegen eines Versprechens harren rund 13’000 Menschen auf der Türkischen Seite der Grenze und hoffen auf Einlass in die EU.

Europa hat Angst vor einer Wiederholung der Flüchtlingskrise. Ist diese Angst jedoch gut begründet?

Momentane Situation

Die Türkische Regierung informierte Anfang März die Flüchtlinge von hauptsächlich Syrischer Abstammung, dass sie ungehindert durch das Land gehen können und somit die Chance bekommen, nach Europa zu kommen. Die Grenzen seien für die Migranten geöffnet, sagte der Präsident der Türkei, Recep Tayyip Erdoğan. Doch an der Grenze zwischen der Türkei und Griechenland wurden die Flüchtlinge von Griechische Sicherheitskräfte gestoppt. Denn Griechenland versucht alles daran den Migrantenstrom auf der Türkischen Seite der Grenze zu behalten. Sicherheitskräfte setzen Tränengas gegen Migranten ein, die versuchen die Grenze zu überqueren.

Der griechische Verteidigungsminister warf der Türkei vor, die Situation in Syrien ausgenutzt und den Zustrom von Migranten organisiert zu haben, um die EU unter Druck zu setzen. Die Regierung von Athen behauptet, der türkische Präsident will die EU zwingen, ihm mehr Geld zu zahlen, damit er seine Politik und Militäraktion in Syrien fortsetzen kann.

2015 darf sich nicht wiederholen, heisst es. Was genau darf sich nicht wiederholen?

Flüchtlingskrise ab 2015 – Massive Flüchtlingswelle nach Europa

Beim Flüchtlingsstrom im Jahre 2014 kamen 53% aus Syrien, Afghanistan und Somalia. Andere Anteile kamen auch aus den Staaten Irak, Südsudan, Nigeria, Demokratische Republik Kongo und Ukraine.

2015 bis 2016 stellten Syrer jeweils fast ein Drittel – mit Afghanen und Irakern zusammen mehr als die Hälfte – aller Asylbewerber in Europa. Die Türkei, Pakistan, Iran und der Libanon nahmen mit Abstand die meisten Flüchtlinge auf.

Der Grund für den signifikanten Anteil an Syrier führt zurück auf den Syrischen Bürgerkrieg seit 2011, ausgelöst durch eine militärische Reaktion der Regierung vom Syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad gegen friedliche Proteste der Opposition. Auch kam die Terrormiliz Islamischer Staat ins Spiel. Die IS kämpften zwar im Bürgerkrieg gegen die Regierung, jedoch auch gegen die Freie Syrische Armee sowie gegen die kurdische Minderheit im Norden. Zudem eroberte die IS mehrere Gebiete und verbreitete ihren Terror. Durch diese drastische Entwicklungen flüchteten die Menschen aus den Krisengebieten in Syrien.

In Europa wurde die Flüchtlingssituation als “Krise” eingestuft, da sich die Zahl der Asylbewerber in 2014 auf 627’000 erhöhte, und in 2015 sich die Zahl sogar fast verdoppelte auf über 1,3 Mio. Im Vergleich: In 2012 betrug die Zahl ca. 335’290 und in 2013 ca. 431’090.

Quelle dieser Information

Konsequenzen Europa

Die Welle an Flüchtlinge wurden schnell Problematisch, da die UNHCR (Hoher Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen) mit den Zahlen nicht gerechnet hat: Viele Flüchtlingslager wurden überfüllt mit Menschen, wobei die zugeteilte Vorräte nicht ausreichten. Die Menschen hatten Beschwerden wie Kälte, Hunger und Krankheiten.

Wegen der Lage des Landes und der EU-Aussengrenze, seine langen Küste und Inseln traf Griechenland die Flüchtlingsflut relativ hart. Durch die damalige Finanzkrise konnte Griechenland so viele Flüchtlinge nicht gut bewältigen, was dazu führte, dass nicht Versorgte Neuankömmlinge von der Öffentlichkeit entfernt abgeschoben wurden, zum Teil in illegal eingerichtete, elende und überfüllte Flüchtlingslagern.

Sehr tragisch in dieser Krise war die Überquerung mit dem Boot übers Mittelmeer. Die überfüllte Boote kenterten oft, wobei viele Insassen ertranken. In 2015 beträgt die Zahl der Tote/Vermisste im Mittelmeer um die 3’770, in 2016 verdoppelte sich die Zahl fast mit 5’096 Tote/Vermisste.

Am 4. September 2015 Entschied die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel die über die Balkanroute kommenden und in Ungarn festsitzenden Flüchtlinge aufzunehmen. Refugees welcome, hiess es dann. “Wir schaffen das!”, unterstreichte Merkel in der Bundespressekonferenz am 31. August 2015. Doch mit dieser Handlung hatte negative Folgen: Die Regierung rechnete mit etwa 800’000 Asylsuchende, doch ende 2015 wurde die Anzahl mit über 1 Mio Migranten weit übertroffen. Damit erwischte Deutschland die stärkste Welle von Europa. Die Regierung war überfordert und mussten vielen Asylbewerber absagen.

Quelle: Statistik von Benutzer Pass3456 mit den Daten von Eurostat, 1. Mai 2016

Unter dem Strich: Europa war auf eine so hohe Anzahl an Flüchtlinge nicht vorbereitet und hatte grosse Schwierigkeiten dies zu bewältigen.

Weswegen heute die Stimmung zu dieser scheinbaren Aufstieg einer erneuten Flüchtlingskrise negativ gestimmt ist: Ein solcher Kontrollverlust soll sich nicht wiederholen.

Wird sich das wiederholen?

Wahrscheinlich eher weniger, da seit der Flüchtlingskrise 2015 in den vergangenen Jahren Griechenland die EU-Aussengrenze sicherte und die Ankommende nicht weiterleitet wie in 2015. Bei der jetzigen Situation greift Griechenland zu Mitteln die griechisches, europäisches und internationales Recht verletzt, doch trotz allem Unterstützung von Brüssel und andere EU-Staaten bekommt.

Problematisch ist, dass in Griechenland selber durch die steigende Spannung aggressive Reaktionen bringt, so wie die Attacken auf Flüchtlingshelfer, dass mehrere Organisationen zur Beendung ihrer Einsätze zwingt. Auch hier wird brutal klar gemacht, was die Rechtsradikalen von der Situation denken.

Quelle:  “Rechtsradikale attackieren Flüchtlingshelfer auf Lesbos”, Tagesanzeiger, publiziert am 03. März 2020

Ob die Grenze halten wird, ob die Flüchtlinge auf Europa schaffen und ob aggressivere Reaktionen ausgelöst werden wird sich jedoch mit der Zeit zeigen.

Quellenverzeichnis

https://www.nzz.ch/international/europa-hat-angst-vor-einer-wiederholung-der-fluechtlingskrise-ld.1543827?reduced=true

https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/griechenland-vertreibt-fluechtlinge-mit-traenengas/story/28435431

https://www.nzz.ch/international/fluechtlinge-werden-ins-meer-zurueck-gestossen-helfer-legen-die-arbeit-nieder-weil-sie-bedroht-werden-an-der-europaeischen-grenze-droht-die-situation-mal-wieder-zu-eskalieren-ld.1544561?reduced=true

https://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%BCchtlingskrise_in_Europa_ab_2015

http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=migr_asyappctzm

http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/show.do?dataset=tps00001

https://frontex.europa.eu/along-eu-borders/migratory-map/

https://www.europarl.europa.eu/infographic/welcoming-europe/index_de.html#filter=2018

https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index.php/Asylum_quarterly_report

https://de.wikipedia.org/wiki/B%C3%BCrgerkrieg_in_Syrien_seit_2011

https://de.wikipedia.org/wiki/Einwanderung_von_Fl%C3%BCchtlingen_nach_Griechenland#Humanit%C3%A4re_Hilfe

Video: Flüchtlingspolitik: “Wir schaffen das”-Statement von Angela Merkel am 31.08.2015

https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-was-dieses-mal-anders-ist-als-2015-a-486e0a82-b04f-476b-a7b4-0014b26b6239

https://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/rechtsradikale-attacken-auf-fluechtlingshelfer-auf-lesbos/story/22274214

 

 

 

 

 

 

3 Antworten auf „Europa hat Angst vor einer Wiederholung der Flüchtlingskrise“

  1. Mega toll, der Artikel war für mich sehr informativ. Dadurch, dass du dir selbst Fragen gestellt (die auch ich mir gestellt habe) und sogleich beantwortet hast, konnte ich viel dazu lernen.
    Die Themenwahl finde ich ebenfalls super. Was ich nicht verstehe:
    Ich habe davon gelesen, dass Einwohner griechischer Inseln wütend werden und Anschläge auf Hilfszelte etc. verübt haben. Dies, weil sie sich von der EU im Stich gelassen fühlen. Weisst du ob das in Verbindung mit den Rechtsradikalen steht, bzw. ob das die selben Menschen sind, von den Medien einfach unterschiedlich benannt?
    Also für mich ein sehr spannender Beitrag, da ich mich selbst ein wenig in das Thema der Flüchtlingskrise eingelesen habe und diese Wissen noch ein wenig vertiefen konnte.

  2. Was für eine verzwickte Situation…
    (Die für mich hier sehr umfassend und deutlich erklärt wird.)

    Ich finde es immer wieder zerschmetternd, dass die Menschen, die am meisten darunter leiden, diejenigen sind, die eigentlich am wenigsten etwas dafür können. Nicht im Entferntesten kann ich mir vorstellen, wie sie sich fühlen, nachdem sie aus ihrem Land flüchten mussten, eine brutale Reise überstehen und dann vor so einer Situation stehen.
    Andererseits kann ich aber auch die Reaktion der Europäer ein Stück weit nachvollziehen, schliesslich verliert niemand gerne die Kontrolle.

    Ganz persönlich finde ich aber: Humanity First.

  3. Ich vermute wenn Covid-19 sich auf dem Afrikanischen Kontinent auch so drastisch verbreitet wie hier in Europa, könnte es zu einer weiteren Flüchtlingskrise kommen da die Chancen jetzt noch schlechter stehen für eine erfüllende Zukunft in Heimatland.

    Sehr Spannender Beitrag. Habe vor kurzem einen Beitrag über die gleiche Thematik gesehen, nur ging es darin noch um die Griechische Küstenwache, welche versuchte ein Flüchtlingsschiff zurück zu zwingen durch Warnschüsse ins Wasser. eine Sehr dramatische Szene. Nimmt mich wunder was in der Nächsten Zeit noch geschehen wird ob Griechenland irgendwann nachgibt und die Fremden durch s Land ziehen lässt oder nicht. Denn dort bleiben vermute ich will keiner.

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